Bo Burnham, ein großartiger US-Stand-Up-Comedian, fragte am Ende seiner Show: Wie glücklich seid Ihr, liebe Zuschauer, auf einer Skala von 1 bis 0? Kaum jemand mag da an Steve de Shazer denken. Dabei war er es, der die Arbeit mit Emotionen und Skalen etabliert hatte, er selbst nannte die Technik „Wunderskala.“ Heute ist dies Grundwissen in jeder Coaching-Ausbildung.
Der US-Therapeut und Begründer der lösungsorientierten Kurzzeittherapie arbeitete oftmals ganze Sitzungen lang immer wieder mit feinsten Nuancen dieser Frage, um Verbesserungen des Zustands seiner Klienten greifbarer zu machen.
Die Quintessenz? Zuhören!
Steve de Shazer sagte einmal, dass es nur auf eine einzige Sache bei Beratungen und Therapie ankomme: Darauf, dass der Berater/die Beraterin gut zuhöre und seine Sprache einfach halte.
Therapie: 5 bis 10 Sitzungen!
Steve de Shazer war einer der führenden lösungsorientierten Berater*innen und Therapeut*innen, der sich früh mit der Abkehr vom problembehafteten Gespräch beschäftigte. Fünf bis zehn Sitzungen seien häufig ausreichend für den notwendigen Umschwung. Die Hinwendung zur Gegenwart und zur Zukunft waren ihm immer wesentlicher als die Vergangenheitsorientierung.
Die wunderbare Wunderfrage
Von ihm und seiner Ehefrau und Kollegin Insoo Kim Berg stammen Ideen wie die der Wunderfrage, die Arbeit mit kleinsten positiven Unterschieden oder eben die Skalenfragen. Heute profitieren davon Business-Coaches ebenso wie das Gesundheitssystem, Sozialarbeit und Erziehung.
Wer war Steve de Shazer?
De Shazer war der Interdisziplinarität aufgeschlossen, er war umtriebig, viel unterwegs, bereiste mit seinen Seminaren und Workshops Europa, Asien und Südamerika. Geboren 1940 in Milwaukee, Wisconsin, wuchs er als Sohn eines Elektrotechnikers und einer Opernsängerin auf und wandte sich früh der Musik zu. Er spielte mehrere Instrumente und als Saxophonist in Jazzbands. Als Master of Science in Social Work der Universität von Wisconsin studierte er schließlich am Mental Research Institute in Palo alto Kurztherapie bei John Weakland. 1978 gründete er mit seiner Frau Insoo Kim Berg das Brief Therapy Center, BFTC in Milwaukee. 2007 wurde das Institut geschlossen, auf der Internetseite http://www.sfbta.org kann man heute noch praktische Tools herunterladen.
Überleben durch Perspektivenwechsel
Steve de Shazer setzte auf Dekonstruktion der Sichtweisen seiner Klienten. Er beschäftigte sich mit Krebspatienten, die laut ärztlicher Diagnose bereits seit mehreren Jahren hätten tot sein sollen. Und fand heraus: Was ihnen allen gemein war, ist die Tatsache, dass sie den Krebs nicht ins Zentrum ihres Lebens gerückt hatten. Sie machten ihn nicht zum größten Thema ihres Lebens. Sie verfolgten weiterhin ihre Ziele, gingen arbeiten, kümmerten sich um sich selbst – aber weniger um den Krebs.
Das Problem ist Teil des Systems
Eines der Grundprinzipien des lösungsorientierten Arbeitens lautet, das nicht die Menschen an sich ein Problem sind, sondern das Problem Teil des Systems ist.
Wahrnehmung ist eine Gabe
Die Klient*innen ernst nehmen – und nicht zwischen den Zeilen zu lesen, sondern zu lernen, ganz genau wahrzunehmen, zu beobachten. Das Motto, das bei allen Interventionen vorherrschte, hieß: „Keep it simple.“ Damit hat er die traditionelle psychotherapeutische Praxis radikal verändert und auch verstört.
Schritt für Schritt zum Geschafft
Die Klient*innen sollten verstehen, was sie am Problem ändern wollen und warum. Schritt für Schritt ließ er seine Klient*innen erzählen, wie sie es schon einmal geschafft hatten, das Problem zu verringern.
Zum Nachlesen:
Das beste Buch von Steve de Shazer:
De Shazer, Steve: Der Dreh: Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie. Carl-Auer-Verlag, 2015 (http://www.carl-auer.de/programm/artikel/titel/der-dreh/). Das Buch ist ein praktisch orientierter Leitfaden lösungsorientierter Beratung und Therapie. Interessant sind die Sitzungsaufzeichnungen.
Das beste Buch über Steve de Shazer:
Vogt, Manfred, et. al. (Hrsg): Begegnungen mit Steve de Shazer und Insoo Kim Berg. Verlag Modernes Lernen, 2012.